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Sonntag, 23. Januar 2000 Heute ist der 23. Tag des Jahres, es folgen noch 343

Der 23. Januar hat folgende kulturhistorische Bedeutung:

Am 23. Januar 1928 wurde in Paris eine Frau geboren, die als eine der "Grandes Dames" des französichen Kinos Filmgeschichte schrieb. Mit Filmen wie "Fahrstuhl zum Schaffot" von Louis Malle oder "Die Braut trug schwarz" von François Truffaut erlangte sie internationalen Ruhm. In Deutschland weniger bekannt (genauso wenig wie die von Brigitte Bardot) ist ihre Karriere als Sängerin: beide sangen meistens freche und zum Teil sehr erotische Lieder. Die Braut, die schwarz trug und heute Geburtstag hat heißt: Jeanne Moreau.

23. Januar 2000 - Was heißt hier fremd...?

 

Die folgende Geschichte wurde von Rudolfo Odi, einem mexikanischen Student, geschrieben:

Von einer anderen Galaxie

Sterne, Sterne und nochmals Sterne; und schon der Sonne so nahe.

Ich kam in der Stadt mit dem Flug um sechs Uhr nachmittags an. Niemand erwartete mich. Nicht einmal das Land, das ich zum ersten Mal besuchte. Die heftige Kälte vermischte sich mit den dahinschleichenden Stunden und mit der Frage, die in meinem Gesicht geschrieben stand.

Ich komme von der anderen Seite des Planeten und meine Sprache ist nicht dieselbe. Ich verstehe niemanden und niemand versteht mich. Ich habe Hunger und Durst und vier Koffer, die ich allein nicht tragen kann; dennoch, ich weiß nicht, warum mir nichts fremd vorkommt, vielmehr scheint es so, als wäre ich an diesem Ort geboren, was nicht sein kann von der Sprache her, die ich jetzt höre, als ich in ein Taxi steige, das mich zu irgendeinem Hotel in der Nähe des Bahnhofs bringt.

--"Was will ich hier eigentlich?" dachte ich. --"Sprechen Sie...?"-- Und seine Augen streiften den Rückspiegel und er sagte nichts.

Er war, oder besser gesagt ist ein junger Mann, der auch nicht aus dieser Stadt stammte. Seine Gesichtszüge verraten es und vor allem seine Hautfarbe. Später gab mir der Mann an der Rezeption, der auch nicht dieser Nationalität angehörte, den Schlüssel für ein kleines Zimmer, in dem ich und meine Koffer so gerade Platz fanden.

Es sind fast sechs Monate vergangen, gute und schlechte Monate, und ich erinnere mich heute daran, wie ein Mal jemand versuchte, mich als Fremden zu behandeln, was ihm jedoch nicht gelang, da ihm klar wurde, dass er einem Kind des Weltalls gegenüberstand.

Ich wandele zwischen den Menschen umher und der, der mir Blumen und Obst verkauft, ist nicht von diesem Boden. Ich gehe weiter und der, der mich in dem Restaurant bedient, in dem ich esse, hat einen anderen Akzent als die, die in diesem Land geboren sind.

Heute schließlich weiß ich, was ich hier will. Ich kam hierher, um auf dem Planeten, der derselbe ist, wie der des Taxifahrers, des Mannes an der Rezeption, des Blumen- und Obstverkäufers und des Kellners, zu leben und ihn zu teilen; jene, auch wenn sie weder von einer Hautfarbe sind, noch an dasselbe glauben, wie die anderen, sind doch keine Fremden. Ich komme von einer anderen Galaxie; und doch fühle ich mich wie von diesem Land, auch wenn ich mich nur durch Zeichen verständlich machen kann und von Zeit zu Zeit durch ein Wort oder mit einem Kuss.

von Rudolfo Odi



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